HERKUNFTSKENNZEICHNUNG FÜR PRIMÄRE LEBENSMITTELZUTATEN
Neue Regeln für die Lebensmittelkennzeichnung LMIV | Durchführungsverordnung (EU) 2018/775
Seit dem 01.04.2020 gilt in Europa die neue Durchführungsverordnung (EU) 2018/775 zur Kennzeichnung primärer Zutaten anderer Herkunft. Die Verordnung beinhaltet somit Einzelheiten zur Anwendung von Art. 23 Abs. 3 LMIV (Lebensmittelinformationsverordnung; VO (EU) 1169/2011).
Die LMIV regelt in den Mitgliedsstaaten der EU die Kennzeichnung der Lebensmittel mit Verbraucherinformationen. Zu den Pflichtangaben bei Lebensmitteln gehören unter anderem Allergene, Nährwerte, Herkunftsort oder Ursprungsland. Hersteller und Online-Händler sind von der neuen Kennzeichnungsverordnung betroffen.
Herkunftsangaben für Primärzutaten in Lebensmitteln - rechtlicher Hintergrund
Die Angabe zur Herkunft der Primärzutat wird in Art. 26 LMIV geregelt. Nach der LMIV ist gem. Art. 26 Abs. 2 die Herkunftsangabe oder Angabe des Ursprungslandes in folgenden Fällen verpflichtend:
a) falls ohne diese Angabe eine Irreführung der Verbraucher über das tatsächliche Ursprungsland oder den tatsächlichen Herkunftsort des Lebensmittels möglich wäre, insbesondere wenn die dem Lebensmittel beigefügten Informationen oder das Etikett insgesamt sonst den Eindruck erwecken würden, das Lebensmittel komme aus einem anderen Ursprungsland oder Herkunftsort
b) bei Fleisch, das in die Codes der Kombinierten Nomenklatur (KN) fällt, die in Anhang XI aufgeführt sind. Für die Anwendung dieses Buchstabens müssen zuvor die Durchführungsbestimmungen gemäß Absatz 8 erlassen worden sein
Die Informationspflichten für den Fall, dass das Ursprungsland der Lebensmittel angegeben wird, dies jedoch von dem der Primärzutat abweicht, ist in Art. 26 Art. 3 LMIV verankert. Die Durchführungsverordnung (EU) 2018/775 regelt die Anwendung dieser Vorschrift. Folgende Angaben müssen seit dem 01.04.2020 gemacht werden: (3) Ist das Ursprungsland oder der Herkunftsort eines Lebensmittels angegeben und dieses/dieser nicht mit dem Ursprungsland oder dem Herkunftsort seiner primären Zutat identisch, so 1 . a) ist auch das Ursprungsland oder der Herkunftsort der primären Zutat anzugeben; oder 2 . b) ist anzugeben, dass die primäre Zutat aus einem anderen Ursprungsland oder Herkunftsort kommt als das Lebensmittel. Kurz gesagt: Wird für ein Lebensmittel das Ursprungsland oder der Herkunftsort angegeben, die primäre Zutat stammt jedoch nicht aus diesem Land oder Ort, muss das Ursprungsland oder der Herkunftsort für die primäre Zutat gesondert gekennzeichnet werden.
Für welche Lebensmittelprodukte gilt die Durchführungsverordnung?
Die Durchführungsverordnung gilt für alle Nahrungsergänzungsmittel ebenso wie für vorverpackte Lebensmittel, die verpflichtend oder freiwillig mit dem Ursprungsland oder Herkunftsort auf der Verpackung gekennzeichnet sind. Ist die Verpackung mit der Herkunft einer Zutat gekennzeichnet, wie zum Beispiel „Tomatensauce aus italienischen Tomaten“ oder „Joghurt mit deutschen Erdbeeren“ besteht keine Pflicht die Herkunft der primären Zutat anzugeben. Dahingegen gilt die Verordnung bei Bezeichnungen wie „Italientische Tomatensauce“ oder „Deutscher Erdbeerjoghurt“.
Welche Angaben gelten als Herkunftsangaben bei Lebensmitteln?
Als Angabe des Ursprungslandes oder der Herkunftsangabe gelten:
Erklärungen
Piktogramme, wie Landesflaggen
Symbole
Nicht als Herkunftsangabe gelten:
geschützte Herkunftsangaben
eingetragene Marken mit Ursprungsangaben
Begriffe, die eine Herkunftsangabe andeuten, sich jedoch auf die Rezeptur/Machart beziehen
Verkehrsübliche Bezeichnungen, die lediglich als Hinweis auf die Produktgattung beziehen
Beispiele für beschreibende Bezeichnungen für die Rezeptur/Machart:
Asiatische Gemüsepfanne
Chili con Carne nach mexikanischer Art
À la napoletana
Beispiele für verkehrsübliche Bezeichnungen als Hinweis auf die Produktgestaltung:
Wiener Schnitzel
Tiroler Käsespätzle
Leipziger Allerlei
Königsberger Klopse
Schwarzwälder Kirschtorte
Was ist die Primärzutat?
Der Begriff Primärzutat wird in Art. 2 Abs. 2 lit. q) LMIV definiert. Als primäre Zutat gelten diejenige Zutat oder diejenigen Zutaten eines Lebensmittel, die über 50% des Lebensmittels ausmachen oder die Verbraucher üblicherweise mit der Bezeichnung des Lebensmittel assoziieren und für die in den meisten Fällen eine mengenmäßige Angabe vorgeschrieben ist.
Kann ein Lebensmittel mehrere Primärzutaten haben?
Grundsätzlich können auch mehrere Zutaten primäre Zutaten eines Lebensmittels sein. Bei einem Fruchtjoghurt gelten bspw. sowohl der Joghurt als auch der Fruchtanteil als primäre Zutat des Produktes.
Beispiel: „Deutscher Erdbeerjoghurt“ (Joghurt kommt aus Deutschland, Erdbeeren kommen aus Spanien) Herkunftsangabe für Erdbeeren ist erforderlich
Wie wird die abweichende Herkunft gekennzeichnet?
Durch Art. 2 der Durchführungsverordnung (EU) 2018/775 wird geregelt, wie das abweichende Ursprungsland oder die Herkunftsangabe der primären Zutat gekennzeichnet werden muss. Die abweichende Herkunft muss angegeben werden
a) unter Bezugnahme auf folgende geographische Gebiete:
„EU“, „Nicht-EU“ oder „EU und nicht EU“; oder
eine Region oder ein anderes geografisches Gebiet, die/das entweder in mehreren Mitgliedstaaten oder in Drittländern liegt, sofern sie/es völkerrechtlich als solche/s definiert ist oder für einen normal informierten Durchschnittsverbraucher verständlich ist; oder
ein FAO-Fischereigebiet oder ein Meeres- oder Süßwassergebiet, sofern es völkerrechtlich als solches definiert ist oder für einen normal informierten Durchschnittsverbraucher verständlich ist; oder
ein Mitgliedstaat (Mitgliedstaaten) oder Drittland (Drittländer); oder
eine Region oder ein anderes geografisches Gebiet in einem Mitgliedstaat oder Drittland, sofern sie/es für einen normal informierten Durchschnittsverbraucher verständlich ist; oder
das Ursprungsland oder der Herkunftsort im Einklang mit besonderen Unionsvorschriften, die für die primäre(n) Zutat(en) als solche gelten;
Beispiel: „Italienische Tomatensauce“ Zutaten: Tomatenfruchtfleisch 71%, Tomatenmarkkonzentrat 14%, Zwiebeln, Sonnenblumenöl, Basilikum 2%, Zucker, Salz, natürliches Aroma. Abweichendes Ursprungsland des Tomatenfruchtfleischs: Deutschland
b) oder mit folgender Erklärung: „(Bezeichnung der primären Zutat) stammt/stammen nicht aus (Ursprungsland oder Herkunftsort des Lebensmittels)“ oder einem ähnlichen Wortlaut, der für den Verbraucher dieselbe Bedeutung haben sollte.
Beispiel: „Italienische Tomatensauce“ Zutaten: Tomatenfruchtfleisch 71%, Tomatenmarkkonzentrat 14%, Zwiebeln, Sonnenblumenöl, Basilikum 2%, Zucker, Salz, natürliches Aroma. Tomatenfruchtfleisch stammt nicht aus Italien
Bei der Wahl der Kennzeichnung im Rahmen der aufgelisteten Möglichkeiten sind Hersteller grundsätzlich frei. Es gilt jedoch der Grundsatz: Die Angabe der Herkunftsorte und Ursprungsländer muss vollständig erfolgen oder die nächsthöhere geografische Ebene muss angegeben werden.
Beispiele: Abweichende Primärzutat: Tomatenfruchtfleisch, „Tomatenfruchtfleisch stammt aus Spanien, Deutschland und Argentinien“ Alternativ: „Tomatenfruchtfleisch aus EU und Nicht-EU“
Eine Angabe mehrerer Mitgliedsstaaten mit „und“ ist möglich, „oder“ darf nicht verwendet werden. Unzulässig sind Kombinationen der Angabeform, wie z.B. „Spanien und Nicht-EU“. Zulässig ist nur „EU und Nicht-EU“.
Welche Vorgaben existieren bezüglich des Layouts für die Herkunftskennzeichnung für Primärzutaten?
Layoutvorgaben für die Herkunftskennzeichnung primärer Zutaten sind in Art. 3 der VO (EU) 2018/775 verankert. Danach muss die Kennzeichnung grundsätzlich im selben Sichtfeld erscheinen wie die Herkunftsangabe des Lebensmittels und in einer Schriftgröße von mindestens 1,2 mm erfolgen. Die Herkunft der Primärzutat muss mindestens 75% der Schriftgröße der Lebensmittelherkunft ausmachen.
Welchen Zweck verfolgt die neue Kennzeichnungspflicht für primäre Zutaten bei Herkunftsabweichung?
Herkunftsangaben stellen für Verbraucher häufig ein Indiz für Produktqualität dar. Die neue Kennzeichnungspflicht schafft mehr Transparenz für Verbraucher und vermeidet Irreführungen.
Ab wann gilt die Durchführungsverordnung (EU) 2018/775?
Die Durchführungsverordnung gilt seit dem 01. April 2020. Lebensmittel die vor dem Stichtag in Verkehr gebracht oder gekennzeichnet wurden, können bis zur Erschöpfung der Bestände abverkauft werden, ohne Beachtung der neuen Vorgaben.
Welche Konsequenzen drohen bei Nichteinhaltung der neuen Verordnung?
Bei Verstoß oder Nichteinhaltung der Verordnung drohen Bußgelder und abmahnfähige Wettbewerbsverstöße.
Wie kann die neue Durchführungsverordnung umgesetzt werden?
Die Firma b+b Automations- und Steuerungstechnik GmbH bietet verschiedene Lösungen zur Umsetzung der Kennzeichnungsanforderungen. Unsere Ansprechpartner stehen Ihnen gerne zur Verfügung, um für Ihre Anforderungen und Rahmenbedingungen die wirtschaftliche beste Kennzeichnungslösung zu finden
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